Die „Metamorphose“ oder wie ich zum Taucher wurde…

tauchkurs2014Es gibt in meinem Leben eine Liste – eine Liste der Dinge, die ich gemacht haben möchte, bevor ich den Löffel abgebe. Neben Sex mit japanischen Zwillingen, Fallschirmspringen und Kugelfisch essen, gibt es auch den Punkt Tauchen lernen. Da gerade keine japanischen Zwillinge zur Hand waren, entschloss ich mich, meine Energie auf ein realistischeres Ziel zu fokussieren, und fragte beim Tauchverein nach, wie kompliziert es denn sei, tauchen zu lernen.

Am Parkplatz des Westbades angekommen, mit Schnorchel, Taucherbrille und Flossen bewaffnet, überfielen mich erste Zweifel und ich bekam Respekt vor meiner spontanen Entscheidung. Was würde mich erwarten? Schreiende Drill-Instructors? Schwimmhautbestückte Halbwesen? Stählerne Neptune mit durchtrainiertem Kreuz und Sixpack? Bei letzterem Gedanken verweilte ich etwas länger. „Wie gut, dass man Sabberfäden unter Wasser nicht sehen kann“, dachte ich mir. Ich betone an dieser Stelle DACHTE!! Denn wie ich mittlerweile weiß, sieht man diese durchaus. Und ich kann euch sagen, das Westbad ist voll davon… Aber ich schweife ab. Gespannt war ich natürlich auch auf meine Tauchgenossen. Nerd oder nicht Nerd, das war hier die Frage. Etwas verschüchtert und mit großen Augen betrat ich das Westbad. Und sah… keinen. Ich war das erste Mal in meinem Leben die Erste. Ich setze mich also und harrte der Dinge, die da kommen sollten.

Die nötigen Zutaten – Taucherbrille, Schnorchel und Flossen – unter dem Arm, betrat ich das Westbad. So richtig Gedanken darüber, was mich hier erwarten würde, hatte ich mir eigentlich keine gemacht. Probieren wir es mal aus und sehen, ob es Spaß macht. Am Tisch saß bereits ein Mädel. „Geht es hier zum Tauchkurs?“

Um beschäftigt zu wirken, las ich den letzten Artikel der Neon. Da kam ein dünner, großer, junger Kerl auf mich zu und fragte mich, ob es hier zum Tauchkurs ginge. „Ach. Das ist also einer von den Konsorten, mit denen ich mich die nächsten Wochen rumschlagen darf. Gar nicht so unsympathisch“, dachte ich mir. „Ja, du bist hier richtig“, antwortete ich ihm. Es dauerte nicht lange und wir hatten uns festgequatscht. Nach und nach vergrößerte sich die Gruppe und es wurde schnell klar, dass wir ein bunt gemischter Haufen sein würden. Von allem war etwas dabei: Alt, jung, Mann, Frau, dick, dünn, groß, klein, Pärchen, Single, verheiratet, Katzenbesitzer und Hamsterliebhaber. Die nächste Premiere waren unsere „Ausbilder“. Aus dem Augenwinkel musterte ich die andere Truppe, die sich offensichtlich untereinander kannte. Schlussendlich bat eine energische Frau um ungeteilte und sofortige Aufmerksamkeit. Aufgrund ihrer natürlichen Autorität, die aus jeder Pore ihres Körpers strahlte, verstummten wir schlagartig und schauten sie mit großen Augen an.
Nach einer für meinen Geschmack etwas zu ausführlichen Einleitung und Einweisung ging es dann endlich zur Sache. Rein ins Bad und Schnorchel in den Mund. Das erste Mal mit Schnorchel unter Wasser zu gehen kostete zwar etwas Überwindung, aber das anschließende Planschen mit Brille und Flossen im großen Becken machte richtig Laune.

Im Pulk mit den anderen Mädels stand ich bibbernd am Beckenrand. Nach ein paar Übungen im Kinderbecken ging es watschelnd zum tiefen Erwachsenenbecken. Kalt, kälter am kältesten! Seit wann befand sich das Westbad in der Antarktis? Unser schnauzbärtiger, etwas ruppiger Trainer, den wir drei Frauen – absichtlich oder unabsichtlich zugeteilt bekommen hatten – zeigte kein Mitleid. „Ja was ist denn? Rein mit euch! Was steht ihr da so rum?“ Um das Gesicht nicht bereits nach einer halben Stunde zu verlieren, sprang ich schlussendlich mit todesmutiger Verachtung ins Wasser. Und spätestens hier war der Traum geplatzt, meerjungfrauengleich im Wasser zu schweben. Als Mensch sprang ich hinein, als Seekuh tauchte ich auf. Im Folgenden versuchte ich mehr schlecht als recht den Vorstellungen des Seebären Folge zu leisten. Völlig durchgefroren stand ich danach unter der heißen Dusche und wollte diese nie wieder verlassen. Den anderen Mädels ging es ähnlich und so tauschten wir uns gackernd über unsere Erfahrungen aus. Haare waschen, anziehen, föhnen, föhnen, föhnen… Eine dreiviertel Stunde später waren wir endlich am Ausgang. Ausgemacht war, sich danach im Turm zu treffen.

Nach dem Verlassen des Beckens wurde sich fix umgezogen und es ging rüber in den Turm, um dort noch ein kleines Bierchen zum Elektrolytausgleich einzunehmen. Nette Gespräche in wunderbarem Ambiente mit den alten Hasen und erste Kontakte mit etwas, was ich „Taucher-Latein“ nennen würde. Dieser Abend war ein insgesamt gelungener Auftakt meiner „Taucherkarriere“.

Die erste Theoriestunde – da war sie also! Wie man vielleicht merkt, lebe ich in einer Welt voller Wörter, mir macht es Spaß zu formulieren und andere an meinen Gedanken teilhaben zu lassen (Ob sie wollen oder nicht). Die Welt der Zahlen und vor allem die Welt der Physik habe ich allerspätestens mit dem Ablegen meines Abiturs mit wehenden Fahnen verlassen. Nun begegnete ich meinem Erzfeind wieder. Boyle-Mariotte, Archimedes, Henry, die Daltons und geiler Sack (Gay-Lussac)… Mit diesen Theorien, Gesetzen und Formeln musste ich mich in den folgenden Wochen herumschlagen. Jede Theoriestunde wurde von einem anderen Ausbilder durchgeführt. Sie versuchten wirklich ihr Bestes uns ihr Wissen mit Hilfe von wunderbar ausgefeilten PowerPoint-Präsentationen schmackhaft zu machen. Auf jede noch so blöde Frage (meist von mir gestellt), antworteten sie geduldig und ausführlich. Also, traut euch wirklich zu fragen, es wird niemanden der Kopf heruntergerissen, meiner ist auch noch dran.

In der Theorie wurden uns ein paar spannende, physikalische Gesetzmäßigkeiten näher gebracht, die beim Tauchen eine Rolle spielen. Schon nett, wie man mit ein paar einfachen Formeln Verständnis für die Zusammenhänge der Welt schaffen kann.

Übung macht den Meister! Dass diese Weisheit immer noch aktuell ist, zeigte sich in den folgenden Wochen: Jackett tauschen, Wechselatmung, Mundstück angeln, Munddusche, in allen möglichen Posen vom Block springen (von hinten, von vorn, mit Pirouette), Maske runter , Maske rauf… und noch einmal alles von vorn. Alle möglichen und unmöglichen Katastrophen wurden durchexerziert. Dabei wurden wir mit Argusaugen beobachtet und hatten fast immer eine luxuriöse 1:1-Betreuung. Nicht nur die Trainer wechselten, sondern auch die Gruppenzusammensetzung, so dass am Ende jeder mit jedem mindestens einmal das Mundstück getauscht hatte.

Nachdem die Theorie ja schon recht locker verlaufen war, war es recht angenehm, dass der Praxisunterricht mit allerlei spannenden Übungen Abwechslung brachte. Aber um ehrlich zu sein, es gab anfänglich schon einige kleine Ängste, was da unter Wasser so alles schief gehen könnte. Und den Kopf längere Zeit unter Wasser zu halten, ist sicher kein tief sitzender Urinstinkt. Aber diese Ängste sind Stück für Stück in der Praxis verflogen. Tauchen ist ein Partnersport. Und zu wissen, dass neben dir jemand schwimmt, der noch Luft hat und ein Auge auf dich wirft, entspannt doch ungemein.

Tag X rückte immer näher, nicht nur ich, sondern mein gesamter Freundeskreis war in die Prüfungsvorbereitung involviert. Dank an dieser Stelle an die Physiker! Ihr habt mich gerettet! Während ich Blätter mit Luftverbrauchsberechnungen vollschrieb und Übungsaufgaben kreuzte, erfuhr ein Spezialist ganz nebenbei einen Tag vorher von der Prüfung. Anstatt in Panik auszubrechen, wie ich es getan hätte, entschloss er sich frecherweise lieber ein ungemein (un-)wichtiges Fußballspiel zu verfolgen. Die gute Nachricht war: Alle bestanden.

Ich glaube, ich habe schon lange nicht mehr so wenig auf eine Prüfung gelernt. Dass ich dann auch noch mit null Fehlern durchgekommen bin, war allerdings echt peinlich. Das war nun wirklich nicht meine Absicht und wird mir sicherlich noch lange nachhängen. Aber diese Sorgen wurden beim anschließenden, gemütlichen Zusammensein hinfortgespült…

Der große Tag war da! Heute sollte es für uns endlich in den See gehen. Leider war es kalt und regnete. Ab neun Uhr traf man sich im Turm, um sich mit Neoprenanzügen einzukleiden. Spätestens seit diesem Tag weiß ich, dass ich eine Problemfigur habe. Der eine Anzug war zu klein, der andere zu groß und ein pink-lilanes Exemplar verweigerte ich ohne es anzuprobieren. Wer kann schon verantworten, dass die Fische Augenkrebs bekommen? Am See angekommen ging es ohne große Umschweife in das KÜHLE Nass. Und was soll ich sagen – es war geil! Alle Angst und Bedenken waren wie weggeblasen, ich sah Hechte, riesige!!!!! Karpfen und einen großen Schwarm kleiner Fische. Die Zeit verging wie im Fluge. Erst wieder an Land realisierte ich, wie kalt es eigentlich war. Nachdem ich mich schnell in warme Klamotten eingepackt hatte, wärmten wir uns an mitgebrachtem Kaffee und Tee. Danach ging es – stolz wie Oskar – zurück in den Turm. Dort erhielten wir unser Taucherlogbuch und unsere ersten Einträge. Oh happy day!

Nachdem der Samstag wettertechnisch nicht gerade Erfreuliches zu bieten hatte, wurde ich am Sonntag in jeder Hinsicht voll entschädigt. Mit reichlich Sonne und Fischen in allen Größen fühlte ich mich in der Unterwasserwelt wirklich willkommen. Da war es, das von Dula prophezeite breite Grinsen auf meinem Gesicht…

 

Catarina und Christoph

 

 

(Anmerkung: Bitte nehmen Sie diesen Bericht nicht ernst, er entstand unter extremen Einfluss von Stickstoff, was bekannterweise zum Ausfall der Depressions-Synapsen und erhöher Produktion von Endorphinen führt, die im Hypothalamus Traumbilder erzeugen. Hieraus ergibt sich eine für Ersttaucher nicht ungefährliche Wiederholungs-, wenn nicht sogar Suchtgefahr! For more information or if you have a baar questions please contäct our ausbildungsleiter) pg